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Rentenerhöhung zum 1. Juli 2009 (1)

Rentenerhöhung zum 1. Juli 2009 (1)

Jetzt sind sie wie­der ange­sagt, die Schelte auf die Rent­ner und die Panik­ma­che wegen der Ren­ten­er­hö­hung zum 1. Juli 2009. Letz­tes high­light: Die Dis­kus­si­ons­runde bei Anne Will im Ers­ten, am Sonn­tag, den 3. Mai 2009. Dazu gleich mehr – zunächst aber zur Erin­ne­rung ein paar Fakten:

Im März 2009 wurde eine Ren­ten­er­hö­hung zum 1. Juli 2009 für die Rent­ner im Wes­ten um 2,41 % und für die Rent­ner im Osten um 3,38 % beschlos­sen. Ange­merkt sollte sein, dass die letzte Erhö­hung um mehr als 2 % zuletzt 2002 statt­fand und davor im Jahr 1994. Die „Ren­ten­er­hö­hung“ in den Jah­ren 2004 / 5 / 6 lag bei jeweils null Pro­zent, 2007 gab es dann gerade mal lächer­li­che 0,54 %, 2008 magere 1,1 %. Dabei wur­den diese Ren­ten­er­hö­hun­gen mehr als auf­ge­zehrt durch Stei­ge­run­gen bei den Bei­trä­gen zur Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung, ganz zu schwei­gen von den Infla­ti­ons­ra­ten! Wer dazu mehr Zah­len braucht, dem sei die Web­site der Uni­ver­si­tät Duis­burg Essen emp­foh­len  oder auch mein eige­nes Buch: Wenn das Wochen­ende 7 Tage hat – Berufs­ende – Rente – Älter­wer­den …und alles, was Sie dazu wis­sen soll­ten“.

Ein paar aktu­elle Zah­len (Quelle Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung 2008) zum Jah­res­ende 2007 und zu den tat­säch­li­chen Ren­ten­zahl­be­trä­gen (also nach Abzug der KV und PV), zu fin­den eben­falls auf der genann­ten Web­site sollte man unbe­dingt ken­nen bevor man sich auf wei­tere Dis­kus­sio­nen ein­läßt: Die durch­schnitt­li­chen Ren­ten­zahl­be­träge lagen 2007 für Män­ner bei monat­lich 912 € und für Frauen bei 503 € (!). Schon mal was gehört von „gut ver­sorg­ten Rent­nern und Rent­ne­rin­nen“ – oder gar, dass diese „über­ver­sorgt“ sind? 

Viel­leicht ist noch gut zu wis­sen, dass die mehr theo­re­tisch als prak­tisch erreich­bare Höchst­rente bei etwa 2.200 € im Monat liegt, dass aber gerade mal um die 2.000 Rent­ner tat­säch­lich so eine Summe aus­be­zahlt bekom­men, dass 80,6 % aller Frauen eine Rente von unter 750 € erhal­ten und 41,4 % aller Män­ner eine Rente von irgendwo zwi­schen unter 150 € und 1.050 €.

Sehr üppig leben sie also, unsere Rent­ne­rin­nen und Rent­ner. Und neh­men kann man denen natür­lich auch noch was! Glau­ben zumin­dest einige in der FDP, teil­weise auch in der CDU/CSU und bestimmte Ver­bände. Aus­ge­rech­net die, von denen man sehr wenig hört, wenn sich ein inzwi­schen wegen Steu­er­hin­ter­zie­hung vor­be­straf­ter Herr Zum­win­kel seine Betriebs­pen­si­ons­an­sprü­che bei der Deut­schen Post in Höhe von 20 Mil­lio­nen auf ein Mal aus­zah­len lässt. Zum Ver­gleich: Laut Arbeits­ge­mein­schaft für betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung e.V. lag die durch­schnitt­li­che Betriebs­rente im Jahr 2003 (neuere Zah­len lie­gen nicht vor) bei 405 € – wobei ledig­lich etwa 40% aller ehe­ma­li­gen Mit­ar­bei­ter in der Pri­vat­wirt­schaft über­haupt eine Betriebs­rente oder ‑pen­sion erhal­ten! Sehr gut ver­sorgt also, unsere Alten! Dazu noch ein klei­ner Ver­gleich: Die Betriebs­pen­sion des Herrn Zum­win­kel, im Wert von 20 Mil­lio­nen Euro, bezahlt mit über­teu­er­ten Brief­mar­ken der Deut­schen Post und mit­tels Hin­aus­wurf tau­sen­der von Mit­ar­bei­tern, beträgt – groß­zü­gig gerech­net und wohl­wol­lend gerun­det – in etwa das 266-fache des Werts die­ser durch­schnitt­li­chen Betriebs­rente (405 € x 12 Monate x 15 Jahre Zahl­dauer = ca. 75.000 €). Unten wird gespart – oben wird geprasst. Oder – das Ver­hal­ten nicht nur vie­ler Poli­ti­ker: Nach unten tre­ten, nach oben buckeln. Und noch was: Neiddis­kus­sion oder Fair­nessdis­kus­sion???

Zeit­lich pas­send dann, am Sonn­tag, kommt Anne Will zum Talk im Ers­ten, gleich nach dem Tat­ort. „Talk“, so etwas wie „Gespräch“, aber auch „Geschwätz“. Als Gäste Hei­ner Geiß­ler, das linke Gewis­sen der CDU, Arbeits­mi­nis­ter Olaf Scholz (SPD), die VdK-Prä­si­den­tin Ulrike Macher, der Vor­sit­zende der Jun­gen Libe­ra­len, Johan­nes Vogel, ein 27-jäh­ri­gen Jung­dy­na­mi­ker, der seit dem Win­ter­se­mes­ter 2002/2003 in Bonn im Fach Poli­tik­wis­sen­schaft her­um­stu­diert, ein Rechts­an­walt aus Ham­burg, Joa­chim Stein­hö­fel, der laut Gäs­te­liste Anne Will, par­al­lel auch als Mode­ra­tor im Radio und pri­va­ten Fern­se­hen tätig ist und sich ent­spre­chend gut dar­stel­len kann. Die Qua­li­fi­ka­tion der poli­ti­schen Gäste kann man durch­ge­hen las­sen. Über die bei­den ande­ren Gäste und deren Argu­mente muss man sich sein eige­nes Bild machen! Wenn sol­che Leute aber irgend­wann das Sagen haben soll­ten in Deutsch­land, dann „Gute Nacht, ihr Rent­ner“! Auch die­je­ni­gen, die heute erst drei­ßig oder vier­zig sind. Denn vom Sozi­al­staat oder auch von „sozia­ler“ Markt­wirt­schaft ist dann nichts mehr übrig.

Aber zum Glück weiß man ja inzwi­schen, wie sol­che Sen­dun­gen gemacht wer­den: Man braucht Pro und Con­tra. Ein paar, die viel­leicht tat­säch­lich was zu sagen haben, und einen oder zwei, die pro­vo­zie­ren, die Stim­mung machen und Ein­hei­zen, in einer sonst zu sach­li­chen Gesprächs­at­mo­sphäre. Damit ja keine Lan­ge­weile auf­kommt, damit ja kei­ner zum Zap­pen anfängt, denn Ein­schalt­quote ist schließ­lich alles!

Was wir tat­säch­lich brau­chen ist unaus­weich­lich – es traut sich von den Poli­ti­kern aber kei­ner diese drei Säu­len kon­se­quent umzu­set­zen: näm­lich eine ein­zige Ren­ten­ver­si­che­rung für Alle, die Arbei­ter und Ange­stell­ten, die Beam­ten, die Selb­stän­di­gen, die mit den Son­der­ver­sor­gungs­wer­ken, wie Ärzte, Apo­the­ker, Rechts­an­wälte, Archi­tek­ten u. s. w., eine zusätz­li­che betrieb­li­che Ver­sor­gungs­kasse, in die Betriebe und Behör­den nach indi­vi­du­el­len Mög­lich­kei­ten ein­zah­len und des wei­te­ren noch deut­lich bes­sere steu­er­li­che Mög­lich­kei­ten für eine pri­vate Vor­sorge. Rela­tiv klar und ein­fach. Nur nicht im herr­schen­den Gewirr von Par­tei­in­ter­es­sen, von Lob­by­is­ten, Ver­bän­den und Pala­ver­run­den. Lei­der hat´s die Große Koali­tion, die mit einer zwei Drit­tel Mehr­heit im Par­la­ment und auch im Bun­des­rat ange­tre­ten ist, auch nicht geschafft. Wer soll´s eigent­lich dann schaf­fen? Das ist genau die Frage, auf die ich keine Ant­wort habe und die mir Sor­gen macht!

2 Gedanken zu „Rentenerhöhung zum 1. Juli 2009 (1)“

  1. Ja, gute Nacht Ihr Rentner !

    Die Titel­zei­len z. B. 

    Die gie­ri­gen Alten
    Die Alten plün­dern die Jun­gen aus.
    Rent­ner sit­zen von mor­gens bis abends auf Kreuz­fahrt­schif­fen rum, 

    sind nicht nur unver­schämt, son­dern erfül­len mitt­ler­weile den Tat­be­stand der Dis­kri­mi­nie­rung und Volksverhetzung.
    Wenn ich Geld hätte, würde ich Straf­an­zeige stellen.
    Auch in Sen­dun­gen wie mit Anne Will, wer­den Rent­ner und Pesio­näre in einen Topf gewor­fen. Die Dis­ku­tan­ten haben meist kein Fach­wis­sen, wie es mit den mick­ri­gen Ren­ten wirk­lich aussieht

  2. Die Rent­ner pro­fi­tie­ren über­dies von der im Kon­junk­tur­pa­ket II ver­ein­bar­ten Ent­las­tung in der Kran­ken­ver­si­che­rung um 0,3 Pro­zent­punkte. Selbst unter Berück­sich­ti­gung der Infla­ti­ons­rate von rund 0,8 Pro­zent wird das die stärkste reale Erhö­hung seit 1990. Im vori­gen Jahr waren zum 1. Juli die Ren­ten um 1,1 Pro­zent gestiegen.

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